HINTER DEN KULISSEN BEI MANDO DIAO
Ein Front Of House-Techniker ist gewissermaßen in derselben Position wie der Trainer einer Fußballnationalmannschaft: er steht unter ständiger Beobachtung tausender Menschen, die davon überzeugt sind, dass sie einen viel besseren Job machen würden, wenn sie bloß einmal die Gelegenheit dazu hätten, und dass sie ja ohnehin mehr über Fußball … ähh Tontechnik wüssten als der Experte selbst. Dabei weiß keiner der selbsternannten FOH-Profis, dass es manchmal mehr als eine Stunde dauert, um ein Bassdrum-Mikrofon perfekt zu positionieren; und das ist nur einer von vielen Aspekten, die ein Front Of House-Techniker berücksichtigen muss, wenn er oder sie, Konzert für Konzert, den besten Sound rausholen will.
Dirk Schulz weiß das. Seit über 20 Jahren ist er schon in der Musikbranche tätig. Als Tontechniker, Produzent, Musiker, Gitarrentechniker, Bühnen- und Produktionsmanager hat er bereits auf der ganzen Welt gearbeitet. Einst der Gitarrentechniker der Band, ist Dirk heute Front Of House-Techniker für Mando Diao, eine der erfolgreichsten Acts, die Skandinavien jemals hervorgebracht hat. 2010 spielte die schwedische Rockband in Berlin ein MTV Unplugged Konzert – das daraus entstandene Album Above and Beyond, das Dirk aufgenommen und abgemischt hat, wurde über 100.000 Mal verkauft und bekam die Goldene Schallplatte. Aktuell ist die Band mit ihrem Album Good Times auf Tour, das im Mai 2017 veröffentlicht wurde. Im Rahmen einer BIMM Masterclass hat Dirk Schulz den College-Studierenden am Tag des Konzerts der Band in der Columbiahalle exklusive Einblicke in seine Arbeit gegeben.
Als die Studierenden ankommen, sind die Vorbereitungen für das Konzert am Abend voll im Gange und alle Beteiligten wissen natürlich genau, was zu tun ist. Der Zeitplan ist straff: Schon in fünf Stunden ist Showtime und Line- sowie Soundcheck müssen noch durchgeführt werden. Während Dirk die Bühnentechnik erklärt, bekommt man so langsam eine Ahnung davon, wie komplex und durchdacht diese überhaupt ist. Geduld und Fingerspitzengefühl sind hier besonders gefragt: „Manchmal dauert es mehr als eine Stunde, um ein einziges Mikrofon einzustellen“ sagt Dirk z.B. über das Mikrofon für die Bass Drum. Nach einer Einführung in die Technik auf und neben der Bühne präsentiert Dirk Schulz seinen eigentlichen Arbeitsplatz während des Konzerts: das Front Of House, einen abgegrenzten Bereich inmitten des Publikums gegenüber der Bühne, wo der Tontechniker den Sound der Rockband uneingeschränkt wahrnehmen und optimal für die Zuschauer aufbereiten kann. Die Studiereden lernen, dass dabei der Veranstaltungsort des Konzerts eine bedeutende Rolle spielt: Jede Konzerthalle stellt die Tontechniker vor neue Herausforderungen, da sie sich z.B. in Größe, Bauweise und Baumaterial von anderen unterscheidet und diese Faktoren den Sound stark beeinflussen. Für perfekten Konzertgenuss arbeitet Dirk zwar mit modernster Technik und Computerprogrammen, doch letztlich sind ein musikalisches Gehör, Flexibilität und Erfahrung die wichtigsten Zutaten. Während Dirk erzählt, ist er voll in seinem Element. Kein Funke Unsicherheit – er ist eben ein Profi und kennt seinen Job in- und auswendig. Und er liebt seinen Beruf: „Meine Aufgabe ist es, die Band glücklich zu machen – und dem Publikum ein tolles Konzert zu bieten.“
Die Studenten des British and Irish Modern Music Institute Berlin hatten an diesem Nachmittag die einmalige Gelegenheit, einen praktischen Einblick in die Arbeit eines FOH-Technikers einer bekannten Rockband zu bekommen. Sie haben gelernt, vor welchen technischen Herausforderungen ein Tontechniker bei jedem Konzert steht und was sich vor und während eines Konzerts mit 3000 Zuschauern hinter den Kulissen abspielt. Die Studenten haben erfahren, dass selbst die modernste Technik ein musikalisches Gehör nicht ersetzen kann und man nur von der Technik profitiert, wenn man genau weiß, wie man sie einzusetzen hat.